Das Geheimnis der Big Short

Gestern Abend sah ich The Big Short, las aufmerksam die Rede von Xiao Gang auf der „Nationalen Konferenz zur Regulierung von Wertpapier- und Terminmärkten 2016“ und stieß zudem auf eine Nachricht, dass sich die Immobilienpreise in Shenzhen im Jahr 2015 bereits verdoppelt hätten. Mein Fazit: Eine Finanzkrise ist nie weit entfernt.
In The Big Short gibt es eine Szene am 4. März 2008, kurz vor Ausbruch der Subprime-Krise. Mark Baum diskutiert mit Bruce Miller über die wirtschaftliche Entwicklung. Als die Aktien der Bear Stearns Bank fielen und Mark Baum seine Rede hielt, verließen die Zuhörer reihenweise den Saal, um ihre Konten zu sichern. Der Markt ist gnadenlos, die Menschen sind ängstlich und gierig. Wenn das Gebäude einstürzt, rettet sich jeder selbst. Niemand will mehr der Grundsatzrede von Alan Greenspan, dem Architekten des amerikanischen Wirtschaftssystems, zuhören.
Am 16. Januar 2016 achteten viele chinesische Anleger mehr auf Xiao Gangs Rede als auf die Eröffnung der Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB). In seiner über 16.000 Zeichen langen Rede begann Xiao Gang mit den Turbulenzen am chinesischen Aktienmarkt in der zweiten Jahreshälfte 2015. Es war ein Eingeständnis – aber kein tiefgreifendes. Xiao Gang überprüfte vor allem die Regulierung. Doch im Jahr 2015 war die China Securities Regulatory Commission (CSRC) eher damit beschäftigt, den Markt zu beeinflussen als ihn zu regulieren. Die Hand der CSRC griff überall ein.
Zwei Details der Rede stechen hervor. Beim Thema „Beziehung zwischen Realwirtschaft und virtueller Wirtschaft“ sprach Xiao Gang ausführlich über die Essenz von Aktien und dem Aktienmarkt. Auf Chinas höchstrangiger Börsenkonferenz musste der Vorsitzende der CSRC den Grundbegriff „Aktie“ erklären. Hatte der Vorsitzende dies gerade erst selbst verstanden oder wollte er seine Beamten endlich aufklären? In den Medien ist ständig von Investorenbildung die Rede – vielleicht wusste nur Vorsitzender Xiao, dass seine eigenen Untergebenen am dringendsten Bildung benötigen.
Als es um das Aussetzen der Börsennotierung von Private-Equity-Firmen ging, kritisierte er, dass PE/VC-Finanzierungen teilweise einem „Selbstvergnügen“ gleichen. Derzeit dient der chinesische A-Aktienmarkt zwar der Realwirtschaft, aber vor allem den staatlichen Aktien und etablierten Privatunternehmen. Wäre es nicht sinnvoller, wenn einige reife Venture-Capital-Firmen Kapital aufbrächten, um es in neue, zukunftsweisende Geschäftsmodelle und innovationsgetriebene Unternehmen zu investieren?
2015 habe ich dem Immobilienmarkt wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Gestern las ich zufällig, dass Verkaufsbüros in Shenzhen nun mit Notfallbehandlungsräumen ausgestattet sind – und erfuhr so, dass sich die Immobilienpreise in Shenzhen 2015 verdoppelt hatten. Doch die Löhne sind nicht im gleichen Maße gestiegen – im Landesdurchschnitt nur um rund 6 %. Angetrieben durch die Politik vom 30. März wurde der Immobilienmarkt erneut zum Paradies für Spekulanten. Doch sind die Käufer wirklich so zahlungskräftig wie sie scheinen – oder sind sie wie die Stripperin in The Big Short, die fünf Häuser und eine Wohnung gleichzeitig finanzierte? Vielleicht weiß nur die Bank die Wahrheit.
Der Immobilienmarkt ist erneut ein „Greater-Fool“-Spiel geworden. Jeder hält sich für den Klügsten und glaubt, rechtzeitig einen Dümmeren zu finden, der übernimmt. Doch wie die Subprime-Krise in den USA 2008 und der Börsencrash in China 2015 bereits zeigten: Wenn der Markt zusammenbricht, kann sich niemand allein retten.